Die Masterclass
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daniel weiss
Der Schweizer Daniel Weiss (65) ist ein Pionier für digitale Audiotechnik. Bereits in den 80er Jahren gründete er seine eigene Firma und tüftelt seither unermüdlich am perfekten Klangerlebnis. Mittlerweile stehen seine Produkte in den grössten Tonstudios der Welt. Sie wurden schon von Künstlern wie Michael Jackson oder Bruce Springsteen benutzt, und Weiss gehört zu den weltweit besten auf seinem Gebiet. Dieses Jahr gewinnt er einen Grammy-Award für sein Lebenswerk. Wir trafen den passionierten Elektrotechniker in seinem Büro in Uster (ZH) und sprachen mit ihm über seine Leidenschaft.

Herr Weiss, wir gratulieren zum Gewinn des Grammy-Awards! Wie haben Sie das geschafft; was treibt sie an?

Herzlichen Dank! Musik war schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens. Weil ich selbst zu wenig talentiert war, um als Musiker Geld zu verdienen, habe ich Elektrotechnik studiert. Das ist meine andere grosse Passion. Seither habe ich diese beiden Leidenschaften miteinander verbunden – zuerst als Angestellter und dann als Unternehmer. Ich erkannte, dass sich mit der Einführung der CD ein neuer Markt öffnet und habe mich 1984 selbstständig gemacht. Seither entwickeln wir Geräte, um die digitale Sound-Technik weiterzuentwickeln und ein perfektes Klangerlebnis zu ermöglichen. Unsere Kunden sind vor allem Tonstudios und Musikliebhaber. Für diese Arbeit wurde mir nun ein Technischer Grammy verliehen.

Welche Erlebnisse haben Sie auf diesem Weg besonders inspiriert?

Als ich in jungen Jahren das erste Mal eine Aufnahme mit Stereo-Kopfhörern hörte, war das eine Offenbarung. Ähnlich eindrücklich war es, als mir in New York ein Professor die neue Crosstalk-Cancelling-Technologie vorführte. Dabei wird der Ton aus zwei Lautsprechern geschickt modifiziert, so dass man sich als Zuhörer mitten im Geschehen fühlt. Diese beiden Erfahrungen liessen mich nie mehr los und waren ein Antrieb, um stetig an neuen und innovativen Produkten zu arbeiten. Irgendwann will ich die Technologie so weit bringen, dass man Zuhause Musik hören kann und dabei das Gefühl hat, dass die Band direkt im Wohnzimmer auftritt.

Die Büros von Weiss Engineering wirken wie ein Spielplatz für Technik-Begeisterte: Kabel und Kopfhörer, Lautsprecher und Lötkolben, Musikinstrumente und Messgeräte liegen überall verteilt. In einem riesigen Regal sind die Produkte ausgestellt, welche Weiss und sein Team in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt haben. Wer sich nicht mit der Materie auskennt, fragt sich, wozu alle Knöpfe und Regler an den grauen Boxen gut sind. Daniel Weiss gibt gerne und geduldig Auskunft: Der Ingenieur würde am liebsten nur über die die innovativen Eigenschaften und Spezifikationen seiner Geräte sprechen. Wir wollten von ihm aber auch erfahren, wie er den Übergang vom Technik-Experten zum Firmen-Chef gemeistert hat.

Irgendwann will ich die Technologie so weit bringen, dass man Zuhause Musik hören kann und dabei das Gefühl hat, dass die Band direkt im Wohnzimmer auftritt.

Sie führen seit über 35 Jahren Ihre eigene Firma. Haben Sie während dieser Zeit Erkenntnisse gewonnen, welche sich auch auf andere Lebenssituationen übertragen lassen?

Selbstverständlich – ich gebe Ihnen ein Beispiel: Häufig wird einem gesagt, dass man sich stets nur auf eine Arbeit oder ein Projekt konzentrieren soll. Wir arbeiten hingegen immer an diversen Ideen gleichzeitig. Das verlängert zwar die Entwicklungszeit der einzelnen Produkte, aber Ideen können auch reifen, während man nicht aktiv daran arbeitet. Mit anderen Worten: Es ist gut, wenn man ab und zu Abstand nimmt zu einem Projekt. Sobald man sich diesem wieder zuwendet, betrachtet man es aus einem ganz neuen Blickwinkel. So merkt man schnell, was vielleicht bessere Ansätze wären.

Ein sehr spannender Ansatz! Gibt es noch weitere Tipps, die Sie Jungunternehmerinnen und Jungunternehmern auf den Weg geben können?

Man sollte von Anfang an möglichst langfristig denken – und zwar nicht nur über mehrere Jahre, sondern über mehrere Generationen. Wer so langfristig denkt, wird auch ökologische Produkte entwickeln. In der Zukunft wird das noch viel wichtiger sein als heute. Ausserdem würde ich allen empfehlen, sich vor dem eigenen Firmenstart einen Geschäftspartner oder eine Geschäftspartnerin zu suchen. So kann man mit jemandem auf Augenhöhe diskutieren und muss nicht alle Entscheidungen selbst fällen.

Daniel Weiss hat sich bewusst dafür entschieden, seine Firma klein zu halten. Zu keinem Zeitpunkt hatte er mehr als zehn Mitarbeiter. Während heute viele Startup-Gründer Risikokapital von Investoren aufnehmen, war das für ihn nie ein Thema. Das grosse Geld werde man in dieser Branche sowieso nicht verdienen, erklärt er, aber darum gehe es ihm auch nicht.

Herr Weiss, was bedeutet für Sie Reichtum?

Ich fühle mich dann reich, wenn ich genügend Zeit für meine Familie und meine Audio-Experimente habe. Der Grossteil unseres Firmenprofits wird in das Unternehmen reinvestiert. Mir ist es viel wichtiger, dass ich meinen Leidenschaften nachgehen kann, als dass ich viel Vermögen auf der Bank habe. Manchmal habe ich eine spannende Produktidee und gebe Geld aus, um diese zu testen. Wenn es funktioniert, freut mich das – und wenn nicht, ist es auch okay. Zu einem gewissen Grad ist das Fatalismus, aber damit muss man leben, wenn man gewisse Dinge unbedingt ausprobieren oder weiterkommen will mit neuen Produkten.

An solchen Projekten arbeiten Sie immer noch täglich, obwohl Sie eigentlich pensioniert wären.

Ja, im Moment bin ich noch sehr engagiert – sowohl als Geschäftsführer wie auch als Hauptverantwortlicher für die Hardware-Entwicklung. Irgendwann werde ich zwei Leute finden müssen, welche diese Bereiche übernehmen. Natürlich werde ich trotzdem so lange wie möglich an der Entwicklung von neuen Produkten beteiligt sein. Und wenn ich mal uralt bin, werde ich mich noch um die Reparatur von jenen Geräten kümmern, die nur noch ich kenne.

Andere träumen davon, Ihre Pension mit einem Mojito am Strand zu verbringen. Sie reparieren stattdessen lieber alte Audio-Geräte?

(lacht) Das eine schliesst das andere ja nicht aus.

Ein wunderbares Schlusswort. Vielen Dank für das Interview.

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Haftungsausschluss:

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Über den Autor

Patrick wurde 2016 der jüngste Auslandskorrespondent der Schweiz und zog dann nach San Francisco, um über die florierende Tech-Landschaft im Silicon Valley und in den USA zu berichten. Patrick erkundet derzeit den Fintech-Bereich und begeistert sich für Unternehmertum und das Studium von Sprachen. Er spricht derzeit 5 Sprachen und lernt Chinesisch.

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